Trotz zahlreicher Korruptionsfälle denkt der FIFA-Präsident Joseph Blatter nicht daran, seinen Posten zu räumen und einem Nachfolger das Feld zu überlassen, damit dieser Reformen vorantreiben kann. Blatter darf als Narzisst bezeichnet werden, der dieses Amt nicht primär ausübt, um den Weltfußball zu fördern, sondern in erster Linie, um seine eigenen Ansprüche zu befriedigen. Die FIFA dient ihm mehr zur Regulierung seiner narzisstischen Bedürfnisse als zur positiven Einflussnahme auf die Zukunft des Verbands.
Seit 1998 steht der 79-jährige Joseph Blatter an der Spitze des in die Schlagzeilen geratenen Weltfußballverbands. Zwar hat Sepp Blatter die FIFA zu einem Milliarden-Dollar-Unternehmen entwickelt, gleichzeitig hat er aber auch ein System der Kungelei und Seilschaften etabliert. Es sollen Millionen an Bestechungsgeldern geflossen sein, um Wahlen zu manipulieren und Entscheidungen herbeizuführen. Doch Blatter ist ein Stratege und Überlebenskünstler, der bislang in seiner gesamten Amtszeit noch jeden Skandal auf wundersame Weise überstehen konnte.
Joseph Blatter spielte in jungen Jahren selbst Fußball, beim FC Siere in der 1. Liga der Schweiz. Nach einem Amt als Zentralsekretär des schweizerischen Eishockeyverbands wurde Blatter Pressechef der Dachorganisation der Schweizer Sportverbände. 1968 wechselte er dann in die Privatwirtschaft und war Direktor für Öffentlichkeitsarbeit des Schweizer Uhrenherstellers Longines. Ferner saß er später im Vorstand des Fußballvereins Neuchâtel Xamax.
Im Sommer 1975 wurde Blatter auf Initiative des späteren Adidas-Vorstandsvorsitzenden Horst Dassler Direktor für Entwicklungsprogramme bei der FIFA. Dassler förderte Sepp Blatter, der im weiteren Verlauf zum Generalsekretär der FIFA aufstieg. Am 8. Juni 1998 wurde er dann als Nachfolger von João Havelange zum achten Präsidenten der FIFA gewählt.
Joseph Blatter ist gescheit und gerissen
Dabei wurde sein Name häufiger in Zusammenhang mit Korruptionsfällen gebracht. Sepp Blatter gelang es aber immer wieder, sich aus der Schlinge zu befreien und anderen Funktionären die Schuld in die Schuhe zu schieben. Er hat sich stets als zäh und unnachgiebig erwiesen. Blatter hat offenbar ein Gespür dafür, zu erkennen, woher der Wind gerade weht, und seine Fahne richtig zu positionieren. Hier kommt die narzisstische Eigenschaft zum Ausdruck, mehr als alle anderen das direkte Umfeld aufmerksam und beinahe zwanghaft beobachten zu müssen, um Gefahren frühzeitig vorzubeugen.
Diese sensiblen Antennen ermöglichen es ihm, sich rechtzeitig auf drohende Gefahren einzustellen, die seine Existenz bedrohen und ihn sein Amt und Ansehen kosten könnten. Seine Sensoren sind sozusagen auf Dauerbetrieb eingestellt: Er scannt unentwegt Sachverhalte und Menschen auf ihre Bedrohlichkeit für die eigene Person. Dank dieses Talents können Narzissten sich oft geschickt aus der Affäre ziehen, weil sie die Gefahr schon längst erkannt und entsprechende Vorkehrungen getroffen haben.
Seine Wahlen zum Präsidenten sind umstritten
Sepp Blatter wurde in seiner Amtszeit immer wieder mit direkten oder indirekten Vorwürfen der Korruption konfrontiert. Auch an seiner Wiederwahl 2002 hängt ein Makel: Erneut wurde Blatter damals beschuldigt, er habe sich im Hintergrund mit unrechtmäßigen Versprechen und Schmiergeldern Stimmen gekauft. Doch wieder konnte Blatter nichts nachgewiesen werden. Wie ein Aal windet er sich aus jeder Situation heraus und verlässt sie als lächelnder Sieger. Er ist ein Meister darin, den Schein des Anstands zu wahren und gute Miene zum bösen Spiel zu machen.
Die Wahl im Mai 2015 war ebenfalls umstritten. Trotz eines massiven Korruptionsskandals um führende Mitglieder seines Fußballkabinetts gewann Blatter mit 133 zu 73 Stimmen gegen seinen einzigen Herausforderer Prinz Ali bin al-Hussein. Auch wenn es in der geheimen Abstimmung die zweitmeisten Gegenstimmen seiner bislang 17-jährigen Regentschaft gab, blieb der Machtmensch Blatter unbeeindruckt und sah sich in seiner Arbeit bestätigt: „Ich mag euch, ihr habt mich zurück in die FIFA gebracht.“ Er blendete die Wahlbeteiligten mit leeren Versprechungen, kündigte einen Neuanfang an, wollte das Image des Weltfußballverbands verbessern und den Wandel zu einer „schönen“ FIFA vollziehen, wie er es nannte. Die entscheidenden Stimmen dürfte er vor allem den afrikanischen Ländern verdanken, bei denen er sich durch großzügige Taten und Worte im Vorfeld beliebt machte.
Blatter liebt die Exklusivität
Joseph Blatter sucht als FIFA-Präsident die Nähe zu Stars und mächtigen Politikern wie Wladimir Putin oder Gerhard Schröder. Er fährt gerne staatsmännisch in dunklen Limousinen vor, liebt noble Reisen, steigt in den teuersten Hotels ab und wird überall wie ein Staatsmann empfangen. Manche Länder liegen Blatter regelrecht zu Füßen. Im Laufe der Jahre gewöhnte sich Blatter an die uneingeschränkte Bewunderung seiner Anhänger, was ihn regelrecht in eine Sucht führte. Dieser Machtmensch kann einfach nicht mehr ohne seine Position und Privilegien leben: Er ist der König in seiner Fußballwelt.
Dabei gerät Blatter aufgrund milliardenschwerer Geldschieberei mehr in die Schlagzeilen als wegen attraktiven Fußballveranstaltungen. Als einfacher Fan muss man das Gefühl bekommen, dass es der FIFA nicht mehr um den Sport geht als vielmehr um Machtrangeleien und Selbstbereicherung. Der Strippenzieher und Beziehungskünstler Sepp Blatter hat ein System des Gebens und Nehmens errichtet nach dem Motto: „Bist du gut zu mir, dann bin ich auch gut zu dir.“ Mit seinem Charme kann er jedem Menschen das Gefühl geben, wichtig und bedeutend für ihn zu sein. Dabei baut er jedoch keine echten Freundschaften auf, sondern nur Bündnisse für den Machterhalt.
Blatter wird angeklagt
Nun hat die Bundesanwaltschaft der Schweiz gegen den FIFA-Präsidenten ein Strafverfahren wegen des Verdachts der unregelmäßigen Geschäftsbesorgung und der Veruntreuung eingeleitet. Es besteht der Verdacht, dass Blatter im Jahr 2005 mit Jack Warner, dem damaligen Präsidenten der Caribbean Football Union, einen für den FIFA ungünstigen Vertrag abgeschlossen haben soll. Blatters Büro in der FIFA-Zentrale wurde durchsucht und Datenmaterial sichergestellt. Die Ethikkommission des Verbands hat Sepp Blatter daraufhin mit sofortiger Wirkung vom Dienst für 90 Tage suspendiert.
Doch auch in der größten Krise des Verbands versucht Sepp Blatter, den Betrugsskandal zu bagatellisieren. Bei seinem vorerst letzten morgendlichen Gang ins Büro soll der FIFA-Chef selbstbewusst und mit einem verschmitzten Grinsen geäußert haben: „Ohne mich wird es nicht gehen!“ Blatter ist sich nach wie vor keines Fehlers bewusst. Er versteckt sich hinter dem Argument, er persönlich habe sich nicht an irgendwelchen Betrügereien beteiligt und es gebe für derartige Anschuldigungen keinerlei Beweise. Dass aber in seiner Amtszeit die Korruptionswelle der FIFA ihren Höhepunkt erreicht hat und er dies nicht zu verhindern wusste, sondern stillschweigend wegsah, ist für ihn kein Grund zur Anklage.
Sepp Blatter wehrt sich gegen das Urteil
Der FIFA-Präsident will das Urteil natürlich nicht akzeptieren. Er ist der Ansicht, man könne ihn nicht so einfach für 90 Tage ins Abseits schieben. Obwohl er ursprünglich nicht gegen die Entscheidung der Ethikkommission vorgehen wollte, geht er nun doch in Berufung. Er ist eben ein Kämpfer, der bis zum allerletzten Moment seinen Posten und seine Arbeit verteidigen wird.
Auch wenn diese Krise etwas mehr Selbstkritik und Einsicht verlangen dürfte, sind Narzissten nicht zu einer angemessenen Reflexion ihres Handelns fähig. Sie können ihren eigenen Anteil an den Schwierigkeiten nicht erkennen und glauben fest daran, dass es nur die anderen sind oder die ungünstigen Umstände, die ihre Arbeit in Verruf bringen. Blatter ist von sich so sehr überzeugt, dass er glaubt, der Einzige auf Erden zu sein, der die Krise der FIFA bewältigen kann.
Wenn Narzissten uneingeschränkte Macht erhalten und mit all ihren zwielichtigen Machenschaften stets durchkommen, wenn sie niemals Begrenzungen erfahren, weil sie es sehr geschickt verstehen, Tretminen zu umgehen, und wenn sie nur noch angehimmelt werden und niemand in der Lage ist, sie von ihrem Thron zu stoßen, dann neigen sie zu Größenwahn. Je mehr Widerstände sie in der Vergangenheit überwinden und je mehr sie ihre Kritiker mundtot machen konnten, desto überheblicher werden sie, weil sich ihnen einfach niemand mehr in den Weg stellt.
Bei Sepp Blatter ist das narzisstisches Verhalten nur allzu offensichtlich: Er hat eine verzerrte Selbstwahrnehmung, glaubt an die eigene Unbezwingbarkeit und die eigene unantastbare Größe, kann Fehler nicht eingestehen und macht andere dafür verantwortlich, besitzt einen Mangel an Schuldbewusstsein, entzieht sich kritischen Fragen, Gegner werden bekämpft und isoliert, er blendet andere Menschen und missbraucht sie für eigene Zwecke, spielt mit den Gefühlen anderer, hat eine überzogene Anspruchshaltung, erwartet stets eine bevorzugte Behandlung seiner Person und verspricht sich egoverstärkende Reize durch sein Amt.
Die Frage am Ende ist, wie sich Blatter eigentlich die Umgestaltung in eine „schöne“ FIFA vorstellt: Will er wirklich allen Ernstes ein System kippen, in dem er sich bislang pudelwohl fühlte? Änderungen dürften für ihn wohl nur insofern vertretbar sein, als sie der Befriedigung seiner narzisstischen Bedürfnisse nicht im Wege stehen. Der Schaden, der auf dem Rücken des Fußballs entsteht, dürfte wohl bestenfalls unter den Teppich gekehrt werden.
Die unter der Rubrik „Narzisstische Beispiele“ aufgeführten Persönlichkeiten sollen als Beispiele für Personen gelten, die auffallend narzisstische Züge haben oder situativ narzisstisch handeln. Ob die dargestellten Persönlichkeiten auch tatsächlich eine narzisstische Persönlichkeitsstörung haben, soll und kann anhand der Beschreibungen nicht unterstellt werden.
Mein Name ist Sven Grüttefien. Ich bin der Verfasser dieser Webseite. Als ausgebildeter Heilpraktiker für Psychotherapie habe ich mich auf die Beratung von Menschen, die unter narzisstischen Missbrauch leiden, spezialisiert und biete zu diesem Thema zahlreiche Bücher, Coachings, Seminare und Vorträge an.
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