Narzissmus und Schönheit

Ein Narzisst braucht seine narzisstische Zufuhr und setzt hierfür unterschiedliche Methoden ein. Ein besonders geeignetes Mittel, um Aufmerksamkeit zu erzeugen, ist der Einsatz von äußerer Attraktivität und Schönheit – was besonders gerne von weiblichen Narzissten genutzt wird. Beim äußeren Erscheinungsbild wird ein wenig nachgeholfen, um die Gunst der anderen zu gewinnen und gleichzeitig von den inneren Defiziten abzulenken. Diese Streben nach Selbstoptimierung kann in einen Schönheitswahn münden.

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Vor allem durch den Einsatz von Kosmetik, Schmuck und Kleidung wird nachgeholfen, um die eigenen Reize hervorzuheben und zu betonen. Aber auch eine Schönheitsoperation kann in Erwägung gezogen werden, um einen unerwünschten Makel zu beheben. Was bei Männern schnell lächerlich wirken kann – wenn sie sich beispielsweise aus Eitelkeit Haare implantieren lassen, ihre Haut liften oder die Augenlider straffen lassen -, wird beim weiblichen Geschlecht eher toleriert.

Die Forschung hat schon vor langem festgestellt, dass schöne Menschen positiver eingeschätzt werden als hässliche Menschen. Oft kann äußere Attraktivität den entscheidenden Ausschlag für einen Erfolg oder Misserfolg geben. Schönen  Menschen werden automatisch auch schöne und gute Charaktereigenschaften zugesprochen. Von der äußeren Attraktivität wird dann auf attraktive innere Werte geschlossen.

Attraktive Menschen bekommen eher den Vortritt, sie erhalten leichter eine gute Beurteilung und bekommen mehr Aufmerksamkeit. Ihnen wird mehr zugetraut als hässlichen Menschen, auf sie lässt man sich schneller ein, an ihrer Seite fühlt man sich wohler. Äußere Attraktivität wirkt anziehend und beeindruckend, weshalb viele Menschen besonders viel Wert auf ihr äußeres Erscheinungsbild legen – um als begehrenswert angesehen zu werden und gleichzeitig von ihren weniger lobenswerten Charaktereigenschaften abzulenken.

Der Körper wird zum Aushängeschild

Daher kann die Pflege des äußeren Erscheinungsbilds auch schnell in einen regelrechten Körperkult und Schönheitswahn übergehen. Die gesamte Energie wird nur noch dafür verwendet, unschöne Makel am eigenen Körper zu kaschieren oder bestimmte Körperteile zu betonen. Man richtet sich dabei nach den jeweils gültigen Moden aus und lässt sich von den Medien, der Werbung und der Klatschpresse inspirieren. Mode-Gurus, Supermodels, Schauspieler und andere Prominente setzen die Trends und bestimmen das Schönheitsideal der jeweiligen Epoche.

Schönheitsfanatiker können ihren Körper nur dann akzeptieren, wenn er dem von den Medien repräsentierten Ideal entspricht. Aus diesem Grund wird an dem Körper solange herumgebastelt, bis er den eigenen Vorstellungen oder dem Trend entspricht. Man fühlt sich schlecht, ist unzufrieden und geradezu frustriert, wenn man mit der gegenwärtigen Norm nicht mithalten kann, und schreibt sämtliche Misserfolge oder trostlosen Augenblicke der Unvollkommenheit des Körpers zu.

Wird man von seinem Partner verlassen, bekommt man nicht den Job, den man haben wollte, wird man von einem Freund nicht eingeladen oder besteht man eine Prüfung nicht, dann bekommen am Ende immer der eigene Körper und das eigene Aussehen die Schuld. Weil man nicht attraktiv ist, hat man keinen Erfolg und ist es auch kein Wunder, wenn man abgelehnt wird.

Die Maxime „Forever young“ fördert den Schönheitswahn

Mit größter Sorgsamkeit wird versucht, ebenmäßige Gesichtszüge und eine glatte Haut zu behalten oder herzustellen, damit keine Spuren von Sorgen und Leid zu erkennen sind. Solche Menschen wollen offenbar nicht zeigen, dass sie vom Leben gezeichnet werden und noch weniger wollen sie zulassen, dass sich ihre nachlassenden Kräfte an der Oberfläche des Körpers manifestieren. Das Altern des Menschen darf höchstens im Inneren stattfinden und wird dann als Lebenserfahrung und persönliche Reife wertgeschätzt. Trauer, Schwäche, Hässlichkeit und Zerfall müssen aber um jeden Preis versteckt werden.

Aufgrund der übertriebenen Sorge um den eigenen Körper entsteht ein Schönheitswahn und eine Abhängigkeit. Das gesamte Leben und das persönliche Glück sind alleine davon abhängig, wie der eigene Körper gebaut ist, wie fit und vital er ist, wie kurvenreich und reizvoll oder wie grazil und verführerisch. Der Status „Forever young“ muss um jeden Preis erhalten bleiben: man möchte die eigene Schönheit und Attraktivität sozusagen einfrieren.

Innere Zufriedenheit kann nur eintreten, wenn der Körper perfekt ist und Erfolg kann nur entstehen, wenn man mit äußerer Attraktivität punkten kann. Die Perfektion des eigenen Körpers ist dann ein elementares Mittel – und für manche das einzige Mittel -, um das Selbstwertgefühl zu stärken.

Vor allem im Alter bekommen dann solche Personen große Probleme mit ihrer Äußerlichkeit und müssen einen immer größeren Aufwand betreiben, um dem propagierten Schönheitsideal noch gerecht werden zu können. Der Körper baut ab, wird faltig, ist nicht mehr so elastisch und beweglich. Da solche Menschen ihr persönliches Glück von ihrem Körper abhängig machen, stellt der Abbau der äußeren Attraktivität die totale Katastrophe dar und ist nur sehr schwer von den Betroffenen auszuhalten.

Das Dorian-Gray-Syndrom

Dieses übertriebene und einseitige Verhalten wird auch als Dorian-Gray-Syndrom bezeichnet. Dahinter verbirgt sich eine psychische Störung, die sich in der Unfähigkeit zeigt, zu altern und zu reifen, und in einer mangelnden Akzeptanz des eigenen Aussehens. Solche Personen beschäftigen sich ausschließlich mit dem äußeren Erscheinungsbild. Schon geringste Makel und Unebenheiten können depressive Zustände auslösen sowie die Gefahr einer suizidalen Krise.

Benannt wurde das Syndrom nach einer Romanfigur. Oscar Wilde schaffte in einem  seiner Romane den jungen Mann Dorian Gray, der seine Seele an den Teufel verkauft, um ewig jung bleiben zu können. Doch leider scheitert der junge Mann mit seinem Vorhaben und nimmt sich schließlich das Leben.

Grundsätzlich ist das Streben nach körperlicher Schönheit und Makellosigkeit nicht verachtenswert:  es stellt ein durchaus legitimes Bedürfnis dar. Wenn man sich selbst gefällt und sich wohl in der eigenen Haut fühlt, steigert dies auch das eigene Selbstvertrauen. Man strahlt mehr Selbstbewusstsein aus und erhält dadurch automatisch mehr Aufmerksamkeit und Zuwendung. Das Verhüllen unerwünschter Körperteile an sich muss kein krankhaftes Verhalten sein.

Ein gestörtes Verhalten ergibt sich eher aus der selbst auferlegten Notwendigkeit, den Normen unbedingt folgen zu müssen, sich ständig mit dem eigenen Körper zu beschäftigen und unentwegt nach weiteren „Optimierungen“ des Körpers zu streben in der Hoffnung, auf diese Weise  Selbstwertdefizite ausgleichen zu können. Das Defizit zwischen dem Idealbild, das ein Mensch imitieren möchte, und dem echten Bild, das er im Spiegel sieht, ist so groß, dass er im Angesicht seines Körpers in regelrechte Panikzustände gerät und ein unerträgliches subjektives Leid erfährt.

Mehr Schein als Sein

Also wird sich der Illusion hingegeben, sich durch operative Eingriffe verjüngen lassen zu können und durch einen perfektes Aussehen als Mensch mehr wert zu sein. Man versucht, durch den äußeren Schein die eigene unsichere Seele zu verdecken. Im Kampf um Aufmerksamkeit und Zuwendung wird der eigene Körper aufgemöbelt, frisiert und restauriert, um die Außenwelt mit der eigenen vermeintlichen Schönheit, Reinheit und Genialität zu blenden.

So wird zunehmend eine narzisstische Gesellschaft geprägt, die sich ausschließlich an Äußerlichkeiten orientiert: Schlankheit, Fitness, Jugendlichkeit und Sexappeal sind die vorrangigen Werte, die sich jeder aneignet, um sich akzeptiert zu fühlen. Hinzu kann sich noch ein hypochondrischer Wahn gesellen: die ständige Sorge um die psychische Gesundheit und die damit verbundene zwanghafte Fehldeutung harmloser Befindlichkeits- und Funktionsstörungen. Der Körper wird zum Sklaven des Besitzers, der ganz nach seinen Vorstellungen aussehen soll und wie ein Uhrwerk funktionieren muss.

Da man sich keine Schwäche eingestehen will und Angst vor dem Versagen hat, besteht eine besonders große Furcht vor dem gesundheitlichen Abbau des Körpers. Der Körper wird sozusagen dafür verantwortlich gemacht, wenn man nicht mehr attraktiv, erfolgreich und glücklich ist. Auf diese Weise muss nicht die Seele die Verantwortung für die eigene Unvollkommenheit übernehmen, sondern das Defizit wird auf den Körper verlagert. Der Mensch entlastet sich emotional, indem er den Körper zum Sündenbock macht und diesen mit fortschreitender  Verkümmerung zunehmend kritisiert und ablehnt.

Nicht nur äußere Schönheit kann eine Person attraktiv erscheinen lassen

Um als attraktiv zu gelten, muss man nicht unbedingt schön aussehen und einen perfekten Körper haben. Krankhafter Narzissmus bedeutet ein übertriebenes Verlangen nach positiver Aufmerksamkeit und Bewunderung durch andere, und dieses kann auch auf anderen Wegen gestillt werden.

Alle Dinge, von denen man umgeben wird, können eine Person attraktiv erscheinen lassen, wie z. B. ein Luxusauto, eine Traumvilla, ein dickes Bankkonto, ein attraktiver Partner an der eigenen Seite oder interessante oder berühmte Freunde. Auch kann die Leistungsfähigkeit, Sportlichkeit, Schlagfertigkeit, ein umfangreiches Wissen oder positive Eigenschaften wie Mut, Selbstbewusstsein, Höflichkeit oder sogar übertriebene Selbstlosigkeit einen Menschen attraktiv machen und begehrenswert erscheinen lassen.

Es ist dann nicht die reine Schönheit, die diesen Menschen attraktiv wirken lässt, sondern seine scheinbare Perfektion auf einem bestimmten Gebiet. Auf diesem Gebiet tut er sich als Experte, Kenner, Bester oder Genie hervor und zieht auf diese Weise die Aufmerksamkeit auf sich. Als schön gilt das, was begeistert und Anziehungskraft besitzt!


Autor der Webseite

Mein Name ist Sven Grüttefien. Ich bin der Verfasser dieser Webseite. Als ausgebildeter Heilpraktiker für Psychotherapie habe ich mich auf die Beratung von Menschen, die unter narzisstischen Missbrauch leiden, spezialisiert und biete zu diesem Thema zahlreiche Bücher, Coachings, Seminare und Vorträge an.

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Veröffentlicht in Narzisstische Gesellschaft
26 Kommentare zu “Narzissmus und Schönheit
  1. Gudrun L. sagt:

    Vor einiger Zeit bin ich mal zur Hauptgeschäftstelle meiner Bank gegangen.
    Am Eingang kam mir eine Frau entgegen, ziemlich alt, voller Runzeln im Gesicht.
    Sie war wohl Sonnenanbeterin und hatte überall eine hässliche braune Lederhaut.
    Auch der Haarschnitt war nicht besonders weiblich.
    ABER ! Und da fängt bei mir „Schönheit“ an. Ihre Augen haben gestrahlt voller Jugendlichkeit, Fröhlichkeit, Freundlichkeit, Güte und ihre ganze Ausstrahlung hat mich fast umgehauen.
    Ich werde diese Frau niemals vergessen. Runzeln hin oder her. Sie war ein glücklicher Mensch
    und hatte eine sehr kraftvoller Persönlichkeit. Daran erinnert man sich !
    Aber nicht an Leute, die ein Gesicht haben wie Wachs und aussehen wie Barbie und Ken.
    Mir hat mal einer gesagt: „Ein schönes Gesicht, symetrisch ausgeglichen, kannst du dir nicht merken“ Und das stimmt !
    Aber ein Gesicht, das markante Züge träge, eine große Nase, ein kräftiges Kinn, große Augen usw. das kann man sich merken. Und da hatte er Recht.
    Wir müssen wieder beginnen, unsere Persönlichkeit zu finden und zu leben und mit dem äusseren Schnick-Schnack aufzuhören.

  2. Rudi sagt:

    Klassische Beispiele sind die Geissens, Sophia Tomalla, Sophia Vegas und viele andere D-Promis, die augenscheinlich nichts können und nur auf Äusserlichkeiten fixiert sind und „Erotik“ und das tragen sie in die Welt. Absolut langweilige Leute, die in ihrer persönlichen Entwicklung stecken gebleiben sind. Aber die Presse reißt sich um sie, da sie immer was zu berichten haben. Beide Parteien haben hier eine Art Notallianz geschlossen.

    • Gudrun L. sagt:

      Ja Rudi, das ist auch das Problem.
      Diese Leute bekommen „positive Resonanz“ dafür. Wäre das nicht der Fall, könnten sie sich weiter entwickeln.

  3. melissa sagt:

    Ich kann ich das bestätigen, die sind sehr eitel, die Männer aber auch. Zuhause ein Schlachtfeld aus Staub und Papierchaos überall wohin man läuft, aber nach draußen immer extrem herausgeputzt, ich habe das nie verstanden, wie man sich in anderen Bereichen so gehen lassen kann, aber bei dem Aussehen – da nie. Meine Mutter war shoppingsüchtig und auch narzistisch, auch sie hat sich immer sehr glamourös präsentiert immer da wo es ihr um Kontrolle und Macht ging. Sie machte oft den anderen viele Geschenke und alle sagten, wie großzügig und wie erfolgreich sie doch nur war, nur welcher gesunde Mensch gibt mit Geld an? ich habe irgendwann verstanden, dass sie die Leute mit Geld und ihr Erscheinungsbild kauft, um sich dann deren Gefälligkeiten abzusichern und nämlich da, wo selbst MEINE Freunde sie so schön elegant und erfolgreich fanden. Und auch typisch, mir hat sie nie erlaubt mich ein wenig zu schminken oder hübsch anzuziehen und kaufte mir Bärensocken und Streifensachen noch mit 17, selbst ihre eigenen Kinder sehen Narzisten oft als Konkurrenten.

    • Angela sagt:

      Ja, das stimmt. Narzisten sehen oft igre Kinder als Konkurrenz. Narzistische Elternteile machen dann sogar ihre eigene Tochter vor den Enkelkindern mies. Das geht gar nicht. Da verlieren dann die Enkel den Respekt vor ihrer Mutter. Diese hat dann alle Mühe, diesen wieder zu erlangen.

  4. Moorkönigin sagt:

    Bei dem meinen (Ex)handelt es sich um einen erfolglosen NPSler. Arzt von Beruf, doch vom Aussehen, fast wie jemand der auf der Straße lebt.
    Er prahlt mit Frauenkontakten. Hat mehrere Sexkontakte parallel laufen. Lügt schamlos und einfallslos, doch die Frauen liegen ihm zu Füssen.
    Sein Kind meint, er sei von Drogen gezeichnet, seine männlichen Bekannten seien Alkoholfreunde.
    Wie geht so was?
    Warum fliegen die Frauen auf so einen verlebten Menschen?

    • Lise1 sagt:

      Helfersyndrom? Oder weil sie denken, dass sie nichts besseres finden? Gefühl der eigenen Wertlosigkeit? Das Gefühl über dem Freund zu stehen? Die Einbildung, in einer schwierigen Beziehung Sinn und Beschäftigung zu finden?
      Dadurch dass sie einen Looser für das eigene Unglück verantwortlich machen können, nicht an sich arbeiten zu müssen und vom Wesentlichen abgelenkt sein zu dürfen? Gewöhnung im Leben immer schon von solchen Menschen umgeben gewesen zu sein, also von Kindheit an angelogen worden zu sein und das normal zu finden? Die Kombination von allem.

  5. Katja sagt:

    Hier möchte ich ein sehr wertvolles Buch empfehlen
    (welches mir SEHR geholfen hat zur Klarheit zu kommen – auch über MEINEN Anteil an der Verstrickung mit Narzissten),
    das einen differenzierten TEST enthält, um herauszufinden wo jemand oder man selbst steht: auf einer Skala von 0 (Echoist) – 10 (extremer Narzisst),
    war sehr spannend zu lesen, da es den bisherigen Horizont erweitert, und man die Wechselwirkung zwischen Echoisten und Narzissten erkennt.
    Es gibt also nicht immer nur den EINEN Täter (und das andere Opfer),
    außerdem kann man sich selber mit dem Test gut einstufen – gut für die Selbstreflektion:

    „Der Narzissten-Test – Wie man übergroße Egos erkennt … und überraschend gute Dinge von ihnen lernt“
    von Dr. Craig Malkin

    Über das Buch:
    Tatsächlich ist in Büchern und Internetbeiträgen mittlerweile von einer Narzissmus-Epidemie die Rede. Autoren wie die US-Psychologin Jean Twenge werfen einer ganzen Generation Überheblichkeit vor und begründen dies mit steigenden Narzissmuswerten, wie sie mit bestimmten Fragebögen ermittelt werden, etwa dem sogenannten Narcissistic Personality Inventory (NPI). Laut Twenge ist der Durchschnittswert seit den 1980er-Jahren ähnlich stark gestiegen wie das durchschnittliche Körpergewicht.

    Als vor sieben Jahren Twenges Buch „The Narcissism Epidemic“ erschien, entbrannte unter Psychologen und Psychiatern ein Streit. Der Hauptkritikpunkt: Twenge habe lediglich den NPI-Fragebogen ausgewertet. Und der gilt nach Ansicht vieler Forscher mittlerweile als überholt. So sieht es auch Psychiater Röpke. Zwischen den Aussagen „Ich gehe gern in der Menge unter“ und „Ich will im Mittelpunkt stehen“ gebe es nun mal Spielräume. Diese kämen im NPI-Fragebogen mit seinen je zwei Antwortmöglichkeiten bei 40 Items kaum zum Ausdruck.

    Zahlreiche Forscher machen sich deshalb mittlerweile dafür stark, den Narzissmus differenzierter zu sehen. Der amerikanische Psychologe Craig Malkin plädiert in seinem vor Kurzem erschienenen Buch „Der Narzissten-Test“ dafür, sich Narzissmus auf einer Skala von 0 bis 10 vorzustellen. Dabei siedelt er die gesunden Narzissten bei den mittleren Werten an. Sie sehen optimistisch auf ihr Leben, besitzen ein ausgeprägtes Selbstwertgefühl und können emotionale Unterstützung gut geben und annehmen. Sie verfolgen Ziele in ihrem Leben und können mit vertrauten Personen trotzdem über ihre Unsicherheiten sprechen. Gesunde Narzissten besitzen nicht nur ein positives Bild von sich selbst, sondern auch von ihren Lieben. Dosiert kann ein Narzisst ein Team beflügeln und Gruppen mitreißen. Ein wenig Narzissmus schadet also nicht – im Gegenteil: die Tendenz zur leichten Selbstüberschätzung ist sogar menschlich.

    So wundert das Ergebnis einer Studie kaum, die der Psychologe Jonathon Brown von der University of Washington im Fachmagazin Personality and Social Psychology Bulletin publizierte. Er wertete Standard-Fragebögen aus, die über mehrere Jahrzehnte in verschiedenen Ländern ausgefüllt wurden und das Selbstwertgefühl erfassen sollten. Dabei zeigte sich ein klarer Trend: Die überwältigende Mehrheit der Probanden gab an, mehr bewundernswerte und weniger abstoßende Eigenschaften zu besitzen als 80 Prozent des eigenen Umfelds.

    In der Sozialpsychologie wird dieses Phänomen als der „Besser-als-der-Durchschnitt-Effekt“ bezeichnet. Vermutlich dient diese leichte Überlegenheitsillusion der psychischen Gesundheit. Menschen mit gesundem Narzissmus leben häufig glücklicher und gesünder als realistischere Zeitgenossen. Zudem gibt es Hinweise, dass sie sogar besser mit Schicksalsschlägen zurechtkommen.

    Am linken Ende von Craig Malkins Spektrum liegen die sogenannten Echoisten. So nennt der Psychologe Menschen, die sich auf seiner Skala zwischen 0 und 2 bewegen. Sie leiden unter einem Narzissmusdefizit und stellen ihre eigenen Bedürfnisse hinter die anderer Menschen zurück. Wirklich problematisch für ihr Umfeld und sich selbst sind jedoch jene Menschen, die zwischen 9 und 10 Punkten auf der Malkin-Skala erreichen. Es sind jene, die tatsächlich unter einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung leiden. Sie kennen keinerlei Mitgefühl, sabotieren andere und leiden unter Größenwahn. Etwa ein Prozent der Bevölkerung fällt unter diese Kategorie, schätzt der amerikanische Psychologe Joseph Burgo in seinem Buch „The narcissist you know“. Die Ergebnisse decken sich mit einer Studie, die im Journal of Personality Disordersim Jahr 2010 erschien. Dabei wurden 40 000 Probanden auf Persönlichkeitsstörungen hin befragt. Hinweise auf eine ernsthafte narzisstische Persönlichkeitsstörung fanden die Forscher ebenfalls nur bei etwa einem Prozent der Befragten.

    Diese Betroffenen bräuchten eigentlich alle dringend eine Psychotherapie, landen dort aber meist erst, wenn ihr Leben in Scherben liegt. Wenn der Partner sich trennt oder es Probleme am Arbeitsplatz gibt. „Sie empfinden es schon als Kränkung, dass sie Hilfe brauchen. Das lassen sie den Therapeuten auch spüren“, sagt der Berliner Psychiater Stefan Röpke aus eigener Erfahrung. Oft brechen sie die Therapie ab, stellen die Kompetenz des Therapeuten infrage oder beleidigen ihn. „Es handelt sich um eine der am schwersten zu behandelnden Persönlichkeitsstörungen“, sagt Röpke.

    Ein besonderes Problem sind auch die sogenannten introvertierten Narzissten, schon weil kaum jemand von ihrer Existenz weiß. Sie wurden als Kinder oft kleingehalten und fühlen sich häufig wertlos, auch wenn sie selbstsicher wirken. Verletzt den latenten Narzissten jemand, sagt er nicht „Das macht mich traurig, du tust mir weh.“ Er zieht sich zurück. Oder er bestraft indirekt mit Liebesentzug, stilisiert sich als Opfer oder macht einem ein schlechtes Gewissen.

    Gerade am Arbeitsplatz hat das mitunter üble Folgen. Während Menschen mit einem gesunden Selbstwertgefühl zugeben können, dass sie einen Fehler gemacht haben, fühlen sich Narzissten als ganze Person angegriffen. Was also tun, wenn die eigene Chefin eine Narzisstin oder der Kollege ein Narzisst ist? In seinem Buch schlägt Craig Malkin verschiedene Strategien vor. Erstens: Jede Beleidigung dokumentieren. Zweitens: Immer zum Sachthema zurückkehren. Drittens: Intrigante Winkelzüge abwehren. Wenn Kollegen oder der Chef plötzlich Entscheidungen kritisieren, die zuvor alle begrüßt haben, Gegenfrage stellen: Warum kommen Ihnen jetzt diese Bedenken? Viertens: Positives Verhalten loben.

    Schließlich gibt es auch Momente, in denen sich Narzissten sozialer verhalten. Diese Augenblicke gilt es würdigend hervorzuheben und gleichzeitig mit dem Erfolg des Narzissten verknüpfen. Handelt es sich beim eigenen Chef jedoch um einen Narzissten im Neuner- oder Zehnerspektrum, werden auch diese Strategien wenig nützen. In solchen Fällen kann es vernünftiger sein, die Kündigung einzureichen und zu gehen.

    • Mike sagt:

      Viele dieser Bücher dienen nur einem Zweck: $$$$
      Man sollte selbst einfach öfter auf sein Bauchgefühl hören, die rosa Brille absetzen und aufhören Dinge in Anderen zu sehen, die nur man selbst sehen will, die aber nicht der Realität entprechen.
      Denn Da liegt das Hauptproblem!

    • Susanne sagt:

      Ganz genau!!!!

    • melissa sagt:

      Hast du nichts von dem sozialen Narzistentypen gehört? die sind ja so beliebt und haben viele Freunde, aber von denen braucht er Gefälligkeiten also die Frau macht er runter. Zufällig erzählte er, dass ich Arbeitslosengeld bekomme in der Kennenlernphase, der Grund warum nicht, dass er mir mit praktischer Hilfe half, bis selbst eine seiner Freundin meinte, ich nutze ihn aus. So jemand weiss ganz gezielt wie er Frauen degradieren soll und als Sündenbocks hinstellen kann, so nebenbei ganz unauffällig. Sind die Freunde dann auf seiner Seite, kann er sich drauf beziehen, wenn er Schluß macht. Das ist mir schon 3 Mal passiert beim Schlußmachen, die Freunde werden dann zitiert, irgendwann waren die Freunde gegen mich und ich war schuld daran, dass die Männer fremdgingen oder urplötzlich vor meinem Geburtstag mit einer Frau tagelang durchbrannten. Ich bezweifle je, dass die Freunde erfahren werden, wie solche Männer ihre Frauen behandeln.Denn wenn die Freunde schon manipuliert wurden, dann ist es doch nicht so schlimm, wenn ich betrogen wurde, er „war ja so unglücklich, der Altersunterschied war so groß“, sie ruft mich an nur wenn sie mich braucht, deswegen musste eine viel jüngere kommen, versteht dann jeder seiner Freunde. Fazit: sie verhalten sich sozial, nur um weitere Betrügerei vor Freunden zuzudecken und haben viele Freunde, die gut behandelt werden(soziales Wesen), weil Freunde sind nützlich, Frauen, die sich nicht ausnutzen lassen, sind es eben nicht.

      Ich möchte auch von einem Bsp einer Frau erzählen. Sie lobt ihn vor Freunden, dass er soziale Fähigkeiten wie zuhören sich durch sie angeeignet hatte und was sagt der soziale Narzist als er mit ihr alleine ist: Ich wusste nicht, dass es so leicht ist Menschen etwas zu erzählen. Soviel zum Thema soziale Kompetenzen.

  6. Friderike sagt:

    Schade finde ich, dass hier von Rachegedanken inspirierte Beiträge auftauchen. Ein narzisstischer Mensch hat doch schon genug Defizite und leidet tief innen und muss sich deshalb diese Fassaden schaffen…. reicht das denn nicht?….. als Ex hat man es doch schon geschafft…. – oder?!?

    • Sarah sagt:

      Rachegedanken inspirierte Beiträge?
      Blödsinn.
      Ein N leidet, richtig, aber nicht, weil er ein N ist.
      Wäre er sich dessen bewusst, würde er was dagegen tun, weil er sieht, wie er anderen Menschen schadet.
      Rachegedanken sehe ich hier keine, kann aber verstehen, wenn die jemand nach einem emotionalen Missbrauch hat, bzw man dem N Alles schlechte der Welt wünscht.
      Wenn ein richtiger Missbrauch stattgefunden hat, kann das einen Ex sein ganzes Leben begleiten.
      Immer dieses herunterspielen des narzisstischen Missbrauchs…

      • Lise1 sagt:

        Ich empfinde die ersten Artikel auch als hämisch.

        Aber nach dem, was durchgestanden wurde, eine erklärliche Einstellung. Die Ex-Conarzissten sind ja auch nicht perfekt, das ist doch normal.

        Als Opfer erlauben sie sich, auf den Ex mit seinem Bemühen gut auszusehen, herab zu schauen. Der Spieß ist nun umgedreht.

        • Lise1 sagt:

          Verhaltensvorschriften und Innere Zensur gab’s lang genug für die Opfer.
          Klar, ein Zeichen, dass da Wunden sind, wenn man so hämisch schreibt, aber das braucht Zeit, um zu heilen und sich dem eigenen Leben zuzuwenden. Manchmal heilt es nie ganz und manchmal hasst man einen Menschen lebenslang, wenn genügend vorgefallen ist. Es sind alles legitime Gefühle.

    • Friedel sagt:

      Ein Narzisst schafft LEIDEN, und in aller Regel bei mehr als einem Menschen innerhalb seines Lebens.

      Zahlreiche Kommentare aus diesem Blog geben Aufschluss über erschütternde Erlebnisse.

      Als Ex hat man es nicht automatisch geschafft!

      Viele brauchen im Nachgang therapeutische Unterstützung, um überhaupt wieder klar zu kommen aufgrund des Missbrauchs. Manche geraten sogar in die Berufsunfähigkeit oder in finanzielle Notlagen sowie vieles mehr. Ganz abgesehen bei einer vermögensrechtlichen Auseinandersetzung, Unterhalts- oder Sorgerechtsregelung, wo dann auch noch die letzte Maske fällt.

      Der Narzisst ist dann meistens schon zur „nächsten Blüte“ geflogen.

      Sofern ein Narzisst überhaupt leidensfähig ist, würde ich es eher auf ein Bemitleiden ausschließlich für sich selbst eingrenzen. Dabei geht es dem Narzissten nur um sich selbst und nicht um das Leid, dass er anderen zugefügt hat oder zufügt.

    • Flora sagt:

      Nein das ist keine Fassade, das ist das falsche Selbst Sie haben ein doppeltes Selbstkonzept, das wahre Selbst wird unterdrückt, so effektiv, dass sie keinen Zugang dazu haben. Sie leiden lediglich darunter nicht sofort von jedem, jederzeit, das zu bekommen, was sie haben wollen.

      Als Ex fragt man sich, wie weit hätte man es ohne diesen Totalschaden geschafft? Manche schaffen es auch nicht, andere bringen sich um.

      • Alex sagt:

        Flora,
        dann muss meine Ex ja jetzt seelisch Amok laufen, weil ich mich seit 4 Wochen jedem ihrer Kontaktversuche vehement wiedersetze und auch ihre Umwege über andere komplett ins Leere laufen…

        • Flora sagt:

          Alex,
          Das hängt davon ab, ob sie schon eine neue „Quelle“ hat. Ist das der Fall, gehst du ihr am Allerwertesten vorbei. Dass sie den Kontakt, auch über Dritte sucht spricht für diese Wut, die sie schön vor anderen verdeckt hält,( sonst klappt das mit dem Opferstatus nicht)
          Je nachdem, ob sie ein offener oder verdeckter Narzisst ist würde sie dir gegenüber handeln wenn ihr unter euch seid. Entweder hochaggressiv, oder sie kommt mit dem Kreuz in der einen Hand und hinter dem Rücken verbirgt sie den Dolch. Sie können gefährlich werden,deswegen Ruhe bewahren. Ich Glück. Meiner hatte schon eine andere. Allerdings nicht so ergiebig wie ich, deswegen wollte er Freunde bleiben. Den Zahn hab ich ihm gezogen und komplette Kontaktsperre durchgezogen. Damals hätte ich vor psych Schmerz in die Tischplatte beißen können. Heute, raus aus dem Nebel,muss ich oft lachen, weil ich auf soeinen Blender reingefallen bin.
          Aber egal, ich war jung,ich habe geliebt,hab verloren, Schwamm drüber 🙂

          • Alex sagt:

            Heut morgen hing übrigens der 4. Zettel in 4 Wochen am Auto.
            Die hat momentan niemanden, deshalb ist sie so hartnäckig.
            Ich werd garnix machen, weil bereits mehrmals Alles gesagt wurde, die gleiche Heulerei von ihr bereits letztes Jahr kam und sich nix geändert hatte

        • Lise1 sagt:

          wenn die wüsste, dass ihr Tun – zwar anonym – von ner Menge Leute mit verfolgt wird.

    • Lilith sagt:

      Nein ! Das reicht nicht.
      Und als Ex hast du nichts geschafft.
      Du mußt erst wieder von Vorne anfangen.

  7. Mike sagt:

    Oh ja, mit dem Altern haben die Alle ein grosses Problem.
    Meine hat immer viel Sport gemacht, war schlank und dennoch unzufrieden.
    Ich hab sie letztens aus Zufall mal wieder gesehen und meine Güte, was ist sie im Gesicht für ihre 35 Jahre gealtert. Wahnsinn!
    Ich verwette Einiges, dass sie hier mal nachhelfen wird, den Besser wirds nicht!

    Aber generell ist das ja schon super; Narzissten können der Natur nicht weglaufen 😉

  8. ARED sagt:

    Hahaha…Schönheit kommt von innen. Aber das ist tatsächlich ein Thema, da bin ich gespannt. Mein ExNarzisst ist sehr eitel. Und kommt jetzt in die Jahre. Ich kann mir vorstellen, dass er das nicht einfach so hinnehmen, sondern sich unters Messer legen wird. Wenn er dann auch noch danach aussehen würde, das wäre ein Fest ?

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