Opfer einer narzisstischen Familie

Ein Gastbeitrag von Elena Digiovinazzo

In meinem neuen Buch „Narzissmus in der Familie – Untersuchung eines Verbrechens“ schildere ich den Erfahrungsbericht einer Frau, die zum Opfer von Narzissten innerhalb ihrer Familie wurde. Es ist eine von vielen Geschichten über den Wahnsinn, der in narzisstischen Familien herrscht.

Opfer einer narzisstischen Familie

Es handelt sich bei der betroffenen Person um meine Freundin Mary, die der ein oder andere vielleicht bereits aus meinem Buch „Verlorenes Ich – Ein Essay zur narzisstischen Persönlichkeitsstörung“ kennt. Ich stand ihr in den vielen schweren Momenten, die sie erleben musste, zur Seite und unterstützte sie so gut ich konnte als Freundin und mit meinem Wissen betreffend die narzisstische Persönlichkeitsstörung.

Mit diesem Buch verfolge ich das Ziel, Menschen eine Stimme zu verleihen, die zu Opfern von Narzissten innerhalb ihrer eigenen Familie wurden. Ich wünsche mir, dass sie durch dieses Buch mutig und befreit einen Schritt in Richtung Freiheit gehen können und ihnen ein Vokabular vermittelt wird, welches sie dazu in die Lage versetzt, ihr Leid in Worte zu fassen.

Inhalt des Buches

Mary hat sich gerade erst von ihrem narzisstischen Freund getrennt. Eine der schwersten psychischen Herausforderungen, der sich die menschliche Seele stellen kann. Nach diesem schweren seelischen Missbrauch ist ihr Blick für solche Menschen geschärft und sie muss erkennen, dass sie nicht zufällig das Opfer eines Narzissten wurde. Denn auch in ihrer Familie scheint es welche zu geben… und erst jetzt wird ihr klar, dass deren Missbrauch seit ihrer frühesten Kindheit dazu beigetragen hat, dass sie das perfekte Opfer wurde.

Nun steht Mary vor einer noch größeren Aufgabe: denn eigentlich hilft bei Narzissten nur der vollständige Kontaktabbruch. Doch wie soll sie sich von ihrer doch eigentlich so geliebten Familie trennen? Schafft sie es trotz der Schmerzen und Enttäuschungen, die diese Leute ihr zufügen, mit ihnen in Kontakt zu bleiben? Mehr denn je erkennt Mary Gottes Einfluss auf sich und ihre Umwelt… kann ER ihr die nötige Kraft geben?

Weitere Informationen zum Buch:

In chronologischer Reihenfolge wird von den Geschehnissen aus Marys Familie berichtet. Die stattgefundenen Gespräche zwischen Mary und mir werden in Etappen aufgeführt. Darin werden die Ereignisse reflektiert, Marys Fragen geklärt und es wird weiter auf die narzisstische Persönlichkeitsstörung eingegangen.

Im Anschluss zur Geschichte werden die Dynamiken von narzisstischen Familiensystemen erläutert. Darunter werden Merkmale narzisstischer Familien erwähnt, es wird auf die verschiedenen Rollen, die man in narzisstischen Familien immer wieder vorfindet, eingegangen, das Thema Flying Monkeys wird beleuchtet, ein Vergleich von Sekten und narzisstischen Familien wird aufgeführt und es werden Überlebenstipps für Betroffene gegeben. 

Einblick in das Buch

Es gibt verschiedene Rollen, die man in narzisstischen Familieneinheiten immer wieder vorfindet. Die Rollen, die unter den Kindern verteilt werden, können von Zeit zu Zeit unter den Kindern wechseln. Im Falle eines Einzelkindes wird dieses verschiedene Rollen besetzen müssen, weil dies vom narzisstischen Elternteil gefordert wird. Dies ist für das Kind äußerst verwirrend.

Opfer einer narzisstischen FamilieNachfolgend werden die verschiedenen Rollen näher beleuchtet. Dabei liegt der Fokus insbesondere auf jenen Rollen, die Mary und Amanda in ihrer Familie einnahmen: Die Rolle des Sündenbockkindes und die des goldenen Kindes. Diese beiden Rollen sind in so gut wie jeder narzisstischen Familie vorzufinden, insofern es mehrere Kinder gibt. Wichtig zu verstehen ist, dass beide Rollen – sowohl die Rolle des Sündenbockes als auch die Rolle des goldenen Kindes – Projektionen des narzisstischen Elternteils sind.

In dem goldenen Kind wird ein idealisiertes, unrealistisches Kind gesehen und in dem Sündenbockkind wird ein fehlerhaftes Individuum gesehen, dem die Schuld für Dinge zugeschoben wird, für die es nichts kann. Beide Kinder werden nicht so gesehen, wie sie in Wirklichkeit sind. Sie bekommen diese Rollen zugeschrieben. Dies liegt an der Denkweise des narzisstisch gestörten Elternteils. Ein Narzisst denkt in schwarz-weiß. Es gibt keine Graustufen dazwischen. In seiner Welt ist bei einem Kind (mindestens phasenweise) alles „schwarz“ und bei dem anderen alles „weiß“. Aber beginnen wir von vorne…

Das goldene Kind

Der narzisstische Elternteil sieht in dem goldenen Kind ein Abbild von sich selbst. Aus diesem Grund kann dieses genau wie er selbst nicht anders als fehlerfrei sein. Es wird aufgrund eines Talents, seines Aussehens oder einer bestimmten Eigenschaft, die dem Narzissten besonders zusagt, ausgewählt. Das Kind wird idealisiert. Der Narzisst projiziert alle guten und lobenswerten Eigenschaften, von dem er glaubt, dass er diese selbst besitzt oder gerne hätte, in das Kind hinein.

Nach außen sieht das goldene Kind erfolgreich, selbstsicher, aber auch ein wenig arrogant aus. Tief im Inneren fühlt es sich wertlos, ängstlich und wütend. Es hat eine Rolle zugeschrieben bekommen, die ihm nicht entspricht. Es unterliegt – genau wie das Sündenbockkind auch – schrecklichem narzisstischen Missbrauch. Die Entwicklung seines echten Wesens wird unterdrückt und mit einer Kreatur überschrieben, die der Narzisst erfunden hat als einen Versuch seine innere Leere zu füllen. Dies führt zu einer tiefen Selbstwertverletzung bei dem Kind.

Die Aufgabe des goldenen Kindes ist es, nach außen hin die perfekte Familie zu repräsentieren. Eine Pflicht, die für jeden und erst recht für ein Kind schier überfordernd ist. Es muss sich immer konform zu den Vorstellungen des narzisstischen Elternteils verhalten, damit es das goldene Kind bleibt. Es muss seine wahre Persönlichkeit ebenso verleugnen wie der Sündenbock, um Liebe zu bekommen.

Auch lastet ein unheimlicher Druck auf dem Kind, alles so zu machen, wie es der narzisstische Elternteil will. Es sitzt in einem goldenen Käfig. Eine weitere Belastung für das Kind ist es, wenn es mehrere Geschwister hat und es spürt, dass nur es selbst Einfluss auf den narzisstischen Elternteil hat. Auch hat es mit dem Neid seiner Geschwister zu kämpfen, weil es bevorzugt behandelt wird.

Das goldene Kind wird von dem narzisstischen Elternteil für alles gelobt, es kann in seinen Augen nichts falsch machen. Für dieses Kind wird alles getan, es wird ihm alles ermöglicht. Alles, was es tut, bekommt höchste Aufmerksamkeit. Es wird stets auf den Podest gehoben.

Dieser Erziehungsstil ist äußerst schädlich für ein Kind. Gesund wäre es, ein Kind intermittierend zu loben: Mal dafür, dass es seine Schuhe selbst zugebunden hat und mal nicht. So könnte das Kind lernen, sich Lob selbst zuzusprechen. Durch das übermäßige und unverhältnismäßige loben des narzisstischen Elternteils kann es dies aber nicht lernen. Weil Kritik ausbleibt, kann es zudem nicht lernen mit Frustrationen umzugehen. Es bekommt ein ganz falsches Bild von sich selbst und reagiert vor den Kopf gestoßen, wenn es später von anderen Menschen nicht in der gleichen Weise bevorzugt behandelt wird wie von seinem narzisstischen Elternteil. Der Weg aus dieser Rolle herauszufinden ist für Betroffene sehr mühsam.

Wenn die genetische Veranlagung dazu vorhanden ist, kann sich das goldene Kind im ungünstigsten Fall selbst zum Narzissten entwickeln– so, wie es mit Amanda geschah. In diesem Fall wird es den narzisstischen Elternteil beim Missbrauch des Sündenbockes tatkräftig unterstützen. Die beiden Narzissten bestätigen sich dann in ihren gestörten Sichtweisen und hetzten im doppelten Tempo das gesamte Umfeld gegen den Sündenbock auf.

Das Sündenbockkind

Der Begriff Sündenbock stammt aus der Bibel. Man hat früher, bevor Jesus als Stellvertreter für die Sünden der Menschen am Kreuz starb, regelmäßig alle Schuld auf einen Ziegenbock über Handauflegung geladen und diesen samt der übertragenen Schuld in die Wüste geschickt. Der Sündenbock innerhalb einer narzisstischen Familie ist ein Kind, welches die Schuld für sämtlichen Ärger in der Familie aufgehalst bekommt. Es wird vernachlässigt und bei jeder Gelegenheit eingeschüchtert und abgewertet.

Es dient in erster Linie als Projektionsfläche für den Selbsthass, die Wut, Schuld und Enttäuschungen des narzisstisch gestörten Elternteils. Aber auch für innerfamiliäre Probleme und für Dinge, die das goldene Kind falsch gemacht hat, wird es zur Rechenschaft gezogen. Im Grunde immer dann, wenn der Narzisst mit Emotionen konfrontiert wird, mit denen er nicht umgehen kann. […]“

Bisherige Lesermeinungen:

„Eine spannende Reise in die Welt der Spuren, die Menschen mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung bei anderen hinterlassen können. Absolut empfehlenswert!“ – Leo Fefer, Psychologe

„Es war gruselig zu sehen, wie nach und nach ein Familienmitglied nach dem anderen in einen Flying Monkey verwandelt wurde. Ich habe mich beim Lesen die ganze Zeit über wie in einem Vampirfilm gefühlt: Da ist es ja auch so, dass man merkt, dass irgendetwas mit seinem Gegenüber nicht stimmt und wenn diese Person dann den Kopf zur Seite dreht, sieht man den Bissabdruck am Hals und weiß: Jetzt gibt es nur noch einen Weg und der ist zu fliehen.“ – Anonym

Weitere Informationen zu dem Buch „Narzissmus in der Familie – Untersuchung eines Verbrechens“

Weitere Informationen zur Autorin finden Sie hier: https://www.digiovinazzo.de/

Elena Digiovinazzo hat eine geschlossene Facebook-Gruppe für betroffene Christen gegründet: Christen für Christen im Umgang mit Narzissten


Die narzisstische Mutter

Beschreibung der Verhaltensweisen einer narzisstischen Mutter und praktische Hilfen zur emotionalen Befreiung von und zum Umgang mit der narzisstischen Mutter (inkl. einer geführten Meditation als MP3-Datei)

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Veröffentlicht in Familie und Erziehung
3 Kommentare zu “Opfer einer narzisstischen Familie
  1. Kersten sagt:

    Das ist einleuchtend.
    Diese armen Kinder werden dann erwachsen,
    und – wie sollen die lernen, was normal ist?

    Und im schlimmsten Fall ziehen sich ein Sündenbock und ein goldenes Kind an,
    weil sie letztlich aus derselben Störung geformt wurden.
    Und das wird dann eine grandiose Katastrophe des sich intuitiv sehr gut Verstehens und trotzdem genau das falsche tun..

    Beide selbstunsicher, beide mit dem Wunsch es recht zu machen,
    aber mit verschiedenen Ansätzen, und beide extrem empfindlich auf Zurückweisung,
    die es ja wohl massig gab – sonst wäre man ja nicht verformt, geformt..

  2. Peter sagt:

    Liebe Frau Digiovinazzo
    Warum beschränken Sie sich auf Christen und verbieten auf Ihrer Facebook-Seite zum Beispiel Beiträge, in denen Buddha erwähnt wird? Warum sollen Christen in Bezug auf Narzissmus unter sich bleiben?

    • lilli sagt:

      Hallo Peter,

      da der Buddhismus von Wiedergeburt ausgeht,
      ist das jetzige Leben verursacht von dem vorigen Leben. Ziel ist deshalb im Buddhismus nicht Veränderung,
      sondern innere Gelassenheit, Buddhasein sozusagen.
      Das ist gut für die Konzentration auf sich selbst innerhalb der Gegebenheiten.
      Doch um Veränderungen vorzunehmen, sich abzugrenzen und nach eigenem freien Willen zu entscheiden,
      bringt das Christentum mit dem Gebot, seinen Nächsten zu lieben wie sich selbst, also auch loszulassen und Gott zu überlassen,
      die Freiheit sich als Individuum abzugrenzen sowie sich mit verzeihen zu befreien und den eigenen Weg zu bahnen.

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